Der Élysée-Palast: Ruhe im Zentrum des Hurrikans?

François Hollande hat das Kunststück fertig gebracht, buchstäblich alle Parteien, alle politischen und gesellschaftlichen Gruppen Frankreichs gegen sich aufzubringen! Seine vermeintlich großzügige Entscheidung nach Gutsherrenart im Falle der Schülerin Leonarda Dibrani hat einen Sturm der Entrüstung ausgelöst.

Eine interne Untersuchung der Verwaltung hatte die Rechtmäßigkeit der Ausweisung der Familie Dibrani festgestellt, jedoch die ungeschickte Form der Durchführung durch die Polizei gerügt und Schulen und Bildungseinrichtungen künftig unter einen besonderen Schutz, ähnlich dem von Kirchen gestellt. Damit hatte er seinen populären Innenminister Manuel Valls entlastet und dessen Polizei als Tölpel dargestellt. Die wird sich riesig gefreut haben!

Es gab Besprechungen im Élysée-Palast an denen neben Valls, der Bildungsminister Vincent Peillon (wegen der Schüler auf den Straßen von Paris) und zeitweilig auch der Premierminister Ayrault teilnahmen, der eigentlich die Regierung führt, in der Hollande offensichtlich alles selbst machen muss und will! Das war ein alter Vorwurf der Linken gegen seinen Vorgänger Sarkozy. Valls hatte sich nach seiner Rückkehr von den Antillen am Place Beauvau (im Innenministerium) bestätigen lassen, dass alles formal korrekt abgelaufen sei mit der Ausweisung der Dibranis.

Offenbar weil man den Vorfall rein technisch sah, hauptsächlich die Schüler von den Straßen haben wollte, kam man im Élysée auf die unsägliche Idee Leonarda eine Rückkehr OHNE ihre Familie anzubieten?

Jetzt brach der Sturm los! Den einen ging Hollandes „Großzügigkeit“ nicht weit genug, die anderen störte sein „Umfaller“ vor den Schülern und dem Gesetz. Selbst die eigene Sozialistische Partei, PS forderte die Rückkehr ALLER Kinder UND ihrer Mutter, nicht jedoch die des Vaters nach Frankreich. Hollande sprangen eigentlich nur seine Lebengefährtin und seine Ex-Lebensgefährtin bei und, ach ja, sein Innenminister Valls natürlich!

Französische Medien sorgten für zeitnahe Kommentare der Dibranis aus Mitrovica in Nord-Kosovo wo, sich der Vater über die französische Politik, die Behörden und den Präsidenten Hollande vor den Kameras lustig machte!

Diese Tragikkommödie hat womöglich das Zeug die Politik Frankreichs gegen die Roma auszuhebeln? Sie hat andererseits Manuel Valls zum mit Abstand populärsten französischen Politiker gemacht mit Zustimmungsraten von 74% ALLER Franzosen. Sie hat auch den glücklosen, unsicheren Zauderer im Élysée François Hollande zum Gefangenen seines Innenministers gemacht.

Aus heutiger Sicht zumindest werden 2017, bei den nächsten Präsidentschaftswahlen in Frankreich, vermutlich Manuel Valls, PS gegen Nicolás Sarkozy, UMP und Marine Le Pen, FN antreten und die Franzosen werden mit Sicherheit eine Regierung der Rechten bekommen, merde!

3 Responses to Der Élysée-Palast: Ruhe im Zentrum des Hurrikans?

  1. almabu sagt:

    Die französische Regierung ist im Zeitalter des www. in eine Medienfalle getappt, deren Wirkung sie offenbar nicht bedacht hatte?

    Der Präsident der Republik nimmt im TV Stellung zur Ausweisung eines Mädchens und die antwortet ihm quasi zeitgleich, live und respektlos mit Hilfe der französischen Medien. Das Mädchen wirkte dabei eher einfach und schlicht, aber auch authentisch!

    Die Franzosen, die allen Umfragen zu Folge die Ausweisung befürworteten, lehnten gleichzeitig den „Gnadenakt“ ihres Präsidenten ab!

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  2. almabu sagt:

    Die französischen Medien haben damit aufgehört, ihren Präsidenten mittel eines 15-jährigen Roma Mädchens im Kosovo vorzuführen. Wer Leonarda Dibrani googled, der findet seit zwei Tagen keinen Eintrag mehr in französischen Medien. Man hat sie und ihre Familie genauso schnell fallen lassen, wie man sie zuvor benutzt hat. Ist Leonarda damit bereits „Geschichte“?

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  3. almabu sagt:

    Sogar die NEW YORK TIMES, (NYT) beschäftigt sich mit den Roma in Europa. Sie beschreibt die üblichen fremdenfeindlichen Klischees der Eingeborenen in verschiedenen europäischen Ländern gegenüber den Nichtsesshaften, den Eingewanderten.

    Sie beschreibt aber auch Bandenkriminalität am Beispiel von Prozessen in Frankreich. Die dabei festgestellte kriminelle Energie lasse durchaus auf bewusstes Leben „im Hier und Jetzt“ schließen und die Anführer dieser kriminellen Banden lebten in teuren Villen und führen teure Autos.

    Die Verteidigung hatte in einem solchen Prozess die Vorwürfe weitgehend eingeräumt, aber mit alten Traditionen und mittelalterlichen Sitten und Gebräuchen der Roma als quasi „kulturelle Eigenart“ begründet.

    Inzwischen hat sich die neueste Psychose, „die Zigeuner klauen unsere blonden Kinder“ zumindest in den beiden irischen Fällen per DNA-Analyse als unbegründet erwiesen.

    Letztlich sind die Roma in schwierigen Zeiten halt perfekte Ablenkungsmanöver und Sündenböcke…

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