Spanien, PP-Korruptionsskandal Bárcenas: Lügen, Verleugnen, Abstreiten, Geld einfordern!

Mariano Rajoy hat in seiner Eigenschaft als Partei- und Regierungsschef anscheinend seine Spanier und die gesamte Weltöffentlichkeit seit Jahren belogen. Da die Politik aber (auch) in Spanien in die Justiz erheblich einzugreifen pflegt, es werden Gerichte ausgewählt, Richter ausgetauscht, Ermittlungen verzögert, kann zur Zeit weder gesagt werden, ob es zu einer Anklage kommen wird, wann ein Verfahren stattfinden wird, mit welchem Ergebnis es enden wird und ob letztlich einer der jetzt genannten Beschuldigten verurteilt werden wird. Damit sind sie zum jetzigen Zeitpunkt alle ganz offiziell unschuldig. Das führte in Katalonien zu der absurden Situation, dass ein Beschuldigter in einem verschleppten Korruptionsprozess diesen Umstand erfolgreich dazu nutzte, berichtende Medien wegen Rufschädigung zu verklagen! Dies ging dann Ausnahmsweise super-schnell, denn es sollte ein Maulkorb-Präzedenzfall geschaffen werden.

Spanische Medien veröffentlichten Beweise für Rajoys Beteiligung. Die Parteispitzen der Partido Popular (PP) sollen durch eine „doppelte Buchführung“  regelmäßig, zum Teil vierteljährlich, monatlich oder jährlich Schwarzgelder in Bar im Briefumschlag erhalten haben. Einzelne PP-Politiker sollen für „Einzelleistungen“ von Bauunternehmern Bargelder in Höhe von mehreren hunderttausend Euro erhalten haben. Dies wird auch der Generalsekretärin der PP María Dolores de Cospedal vorgeworfen, für „einen baulichen Gefallen in Toledo“, und von ihr (natürlich) absolut geleugnet, wie generell alles geleugnet wird, was irgendwie mit Luis Bárcenas zusammenhängt.

Halten wir also fest:
Ex-Schatzmeister Luis Bárcenas bekam bis Anfang diesen Jahres eine gehaltsähnliche, feste, monatliche Zahlung und wurde durch die PP sozialversichert. Er sei aber seit über einem Jahr nicht mehr Angestellter der PP gewesen. Der Ex-Angestellte hatte bis Anfang diesen Jahres ein Büro in der Parteizentrale in Madrid. Er hatte trotz der laufenden Ermittlungen jederzeit direkten Zugang zum Partei- und Regierungsschef Mariano Rajoy. Die PP bezahlte ihm seine Anwälte. Noch in U-Haft, in der er seit einem Monat sitzt, hätten ihm Anwälte der PP für sein Schweigen 500.000 €, dazu ein Viertel der illegalen Gelder in der Schweiz zugesichert. (Witzigerweise impliziert dies, dass die PP anscheinend die anderen drei Viertel des Geldes, mit dem sie nach eigener Aussage nichts zu tun hat und dessen Herkunft sie nicht kennt, trotzdem für sich beansprucht?) Dabei sind mindestens 40 Millionen bekannt. Welche Beträge Bárcenas auf anderen Schweizer Konten oder in anderen Ländern gebunkert hat, das ist nicht bekannt. (Rajoy könnte dies wohl wissen, aber das ist wieder mal so eine böse Unterstellung von mir?)

Inzwischen hat Luis Bárcenas anscheinend nachgelegt. Er soll dem Gericht die natürlich illegale „schwarze Buchhaltung“ der PP aus den Jahren 1995 und 1996 geliefert haben.

4 Responses to Spanien, PP-Korruptionsskandal Bárcenas: Lügen, Verleugnen, Abstreiten, Geld einfordern!

  1. almabu sagt:

    Luis Bárcenas hat bei seiner Aussage am vergangenen Montag, dem 15. Juli, dem Richter einen Pendrive mit belastenden Daten zu den Schwarzgeldern der PP übergeben.

    Es soll sich dabei um Schwarzgeld im Wert von 8,3 Mio Euro handeln. Hauptempfänger sei ein enger und langjähriger Berater des Ex-Regierungsschefs Aznar gewesen. Die Nummer Zwei der Begünstigten sei der aktuelle Partei- und Regierungschef Mariano Rajoy gewesen. Er soll demnach rund 350.000 Euro ab 1997 erhalten haben. Eine ganze Reihe von Parteigrößen jener Zeit haben demnach Schwarzgelder erhalten und die entsprechenden Beträge stehen anscheinend durchaus in sinnvollem Zusammenhang mit ihrer Rangordnung in der Partei. Das scheint also zunächst nicht unplausibel zu sein?

    Mariano Rajoy fürchtet ein Misstrauensvotum des Parlamentes nicht, denn er hat die absolute Mehrheit. Was er aber fürchtet, ist den Verlust der Unterstützung durch Spaniens Unternehmerschaft mit der er sich gestern traf um sich ihrer Rückendeckung zu versichern.

    Like

  2. almabu sagt:

    Begriffsklärung:
    In den Medien ist mal von über 40 Mio € und dann wieder von 8 Mio € die Rede. Woher kommt diese Diskrepanz?

    Als Schwarzgeld der PP kann dieses Geld formal erst bezeichnet werden, wenn es in den Geldkreislauf der Partei gelangt ist, wenn also der Schatzmeister es vereinnahmt und in seinem handschriftlich, fein säuberlich geführten Büchlein, notiert und Betrag, Empfänger und Übergabedatum und deren Form festhält. Dann ist es Schwarzgeld der Partei.

    Solange das Geld auf Auslandskonten gehortet wird, gehört es formal nicht der PP auch wenn der Konteninhaber gleichzeitig der Schatzmeister der Partei sein mag. Es ist also technisch betrachtet das Geld von Luis Bárcenas, auch wenn der sich sehr schwer tut die Herkunft der Millionenbeträge zu erklären.

    Es ist noch längst nicht klar, wieviel Geld insgesamt im Ausland geparkt wurde und von wem und zu wessen Gunst es von wem an wen verteilt wurde. Der U-Häftling Luis Bárcenas dürfte im Gefängnis ein gefährdeter* Mann sein?

    (Auch vor Gericht soll er während der fünfstündigen Sitzung angebotenes, offenes Wasser abgelehnt haben.)

    Like

  3. almabu sagt:

    Luis Bárcenas machte interessante Bemerkungen am Rande seiner Aussage:

    So zum Beispiel, dass seine zwei Rechner aus seinem Büro in der PP-Parteizentrale in der Madrider Calle Genova verschwunden seien, weswegen er Anzeige gegen die Partei PP erstattet habe.

    Oder zum Beispiel, dass der Untersuchungsrichter sehr defensiv vorgegangen sei und weder sein Büro noch seine Wohnung jemals durchsucht worden seien obwohl er noch jede Menge Dokumente zu Hause habe!

    (Wie ich schon vermutete, hat die juristische Aufklärung nicht die allerhöchste Priorität in diesem Skandal!)

    Like

  4. almabu sagt:

    Luis Bárcenas gestand erstmals, von 1990 bis 2008 über 18 Jahre für die Schwarze Kasse, die Buchhaltung „B“ der Partido Popular verantwortlich gewesen zu sein. Er erkannte die Richtigkeit der von spanischen Medien veröffentlichten Dokumente an.

    Schwarzgeldzahlungen seien regelmäßig, zumeist monatlich an den Präsidenten der PP, seine Stellvertreter und den Generalsekretär gegangen. Dabei habe ein sechs-Augen-Prinzip geherrscht. Es seien stets der Empfänger, der damalige Schatzmeister und er, Bárcenas anwesend gewesen. Das Geld sei im neutralen Umschlag überreicht worden und aus Pietätsgründen dem Empfänger nicht vorgezählt und von diesem nicht quittiert worden.

    Like

Was denkst Du?

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..